Heute Nacht, als du geglaubt hast, ich atme nicht mehr, habe ich dir das Urbild der Welt geboren. Als du aufgewacht bist, weil du meinen Atem nicht mehr gespürt hast, als du gedacht hast, ich würde ersticken, weil du im Schein der Straßenlaternen gesehen hast, dass mein Kopf blau angelaufen und meine Augäpfel hervorgetreten waren, als du gemerkt hast, wie mein Körper sich zusammengezogen hat, hast du deine Hand auf meinen Brustkorb gelegt und gespürt, dass er weit aufgebläht war.
Du hast nicht wissen können, dass ich die Luft angehalten habe, so wie ich immer die Luft anhalte, wenn die Welt meinen Plan von der Welt nicht einhält, wenn die Welt draußen nur eine schlechte Kopie meines Originals ist. Du hast nicht wissen können, dass ich so tief einatme, um der Welt die Luft zu nehmen, du hast nicht wissen können, dass ich den Atem anhalte, um auf eine Wirklichkeit zu blicken, die für einen Moment so leer ist wie ein weißes Blatt Papier.
Als du mir beruhigend ins Ohr gepustet, mir über den Kopf gestrichen und mich hin- und hergewiegt hast, bis ich die Luft wieder herausgepresst und dabei gestöhnt habe, hast du nicht wissen können, dass ich die ganze Rundheit der Erde aus meinen Lungenflügeln die Luftröhre hinaufgequetscht habe, dass ich mein Bild von der Welt herausgepresst habe auf das weiße Laken zwischen uns.
© Anna Fastabend, 2012